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Rezension:Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (Gebundene Ausgabe)

Die Diplompsychologin Dr. Bärbel Wardetzki setzt sich in diesem Buch mit narzisstischen Beziehungen auseinander, die sie als eitle Liebe bezeichnet. In narzisstischen Beziehungen haben nicht selten beide Partner einen narzisstischen Defekt, wobei der eine Partner ihn grandios überhöht und der andere minderwertig und depressiv auslebt. Solche Partner brauchen sich, um sich gegenseitig zu bestätigen. Die Autorin fokussiert Narzissten, aber auch Komplimentärnarzissten, dabei erklärt sie, was Menschen dazu motiviert, sich über die Maßen selbstbezogen zu verhalten und wie das Gegenüber sich gegen die daraus resultierenden destruktiven Verhaltensweisen wappnen kann.

Glücklich, nährend, erfüllend und dauerhaft befriedigend sind narzisstische Beziehungen selten. In narzisstischen Beziehungen begegnen sich zwei Menschen mit einem verletzten Selbst. Dies führt zu charakteristischen Konflikten wie Entwertung und Erhöhung des anderen und der eigenen Person, die Angst vor Nähe, aber zeitgleich vor Einsamkeit hat, den Wunsch besitzt zu verschmelzen und die Furcht sich darin zu verlieren, das Gerangel um Macht, das Ungleichgewicht in der Begegnung und das Streben nach einem idealen Bild von sich und seinem Gegenüber, wie die Autorin auflistet.

Dr. Wardetzki definiert eingangs den Begriff der narzisstischen Beziehung sehr ausführlich, um in der Folge aufzuzeigen, wie die Persönlichkeit von Menschen geformt ist, deren Liebesbeziehungen scheitern. Narzissmus sei primär keine Krankheit, so die Autorin, sondern kann auch als gesunder oder positiver Narzissmus im Sinne von gesundem Selbstwertgefühl begrüßenswert sein. Es geht im Buch um die Überwertigkeit, darum, wenn Narzissmus als Regulation des Selbstwertgefühls genutzt wird, bzw. Narzissmus als Rückzug auf sich selbst, als Schutz und Abwehrhaltung gegen das Zusammenbrechen des Selbstwertgefühls, gegen das Gefühl wertlos zu sein eingesetzt wird.

Die Autorin verdeutlicht, dass die Art wie Menschen auf Zurückweisung ihrer Liebe reagieren zeigen kann, wie stark oder fragil ihr Selbstwertgefühl ist. "Im schlimmsten Fall stürzen sie in ein schwarzes Loch, verlieren den Boden unter den Füßen, fühlen sich als Mensch zurückgewiesen, unwichtig, nicht liebenswert und ihr Hass ist teilweise grenzenlos."

Es gibt also einen Punkt, an dem der positive Narzissmus in dysfunktionalen umschlägt. Diesen gilt es auszuloten. Menschen, die nur auf sich selbst fixiert sind und versuchen durch Größenfantasien, Perfektionismus, Besonderssein, das Verleugnen oder Umdefinieren enttäuschender Erfahrungen ihr Selbst in einem besseren Licht erscheinen zu lassen. Ursache hierfür ist mit großer Wahrscheinlichkeit Selbstwertmangel, der mit der Selbstüberhöhung ausgeglichen werden soll. Narzissten also sind nach diesem Verständnis Menschen, die Probleme habe ihr Selbstwertgefühl zu regulieren und sich in überhöhten Größenfantasien oder in die Verschmelzung mit einem idealisierten Partner zu retten versuchen.

Dr. Wardetzki fasst zusammen, dass der offene Narzisst charakterisiert ist durch: Dominanzstreben, Misstrauen, Arroganz, Aggressivität, Egozentrismus, Überheblichkeit und geringe Wahrnehmung der Reaktion anderer. Der verdeckte Narzisst hingegen ist sehr empfindlich, gehemmt, depressiv, voller Scham und Gefühle der Demütigung.

Die Psychologin bietet einen Fragebogen an, damit man feststellen kann, wie man sich in Beziehungen fühlt und verhält. Der Fragebogen dient dazu sich Verhaltensmuster klar zu machen.

Narzisstischen Liebesbeziehungen fehlt: die Sorge um den anderen, die Neugier für den anderen und sein Leben, Empathie und Einfühlung in die Gefühle und Bedürfnisse des anderen, optimale Distanz zwischen Partner, Dankbarkeit, Achtung und Wertschätzung.

Narzissten können aufgrund ihres mangelnden Selbstwertgefühls den Partner nicht als eigenständiges Individuum wahrnehmen, sondern nur als "narzisstisches Objekt", als Erweiterung des eigenen Selbst, als etwas, das das eigene Selbst erhöht und schmückt.

Dr. Wardetzki führt weiter aus: "Im Fall der Erniedrigung wird der andere abgewertet und mit einem kritischen, gnadenlosen Blick beurteilt. Der Fokus liegt dabei auf dessen Schwachstellen, nicht auf seinen Stärken. Am Ende wird klar:>>Ich bin besser, schneller , schöner, liebenswerter etc. und dadurch mehr wert als du<<. Und das verschafft ein Gefühl von Selbstwert."

Die Psychologin wartet mit einem kleinen, erhellenden Leitfaden zum Aufspüren narzisstischer Verstrickungen auf, den man sich genau durchlesen und ehrlich beantworten sollte. Sehr gut auch ist ihre Betrachtung der beiden verletzten inneren Kinder, die in fataler Beziehung zueinander stehen und die Hinweise, wie man mit diesen inneren Kindern arbeit. Es folgen eine Fülle weiterer Fakten zum Thema Narzissmus und narzisstische Beziehungen. Dr. Wardetzki zeigt, wie man seinen eigenen Wert vom narzisstischen Gegenüber abkoppelt und dadurch möglicherweise eine Beziehung mit einem Narzissten leben kann.

Ein kluges Buch.

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