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Rezension: Liebe in Gefahr- Walter Riso

Der in Kolumbien lebende Autor dieses Buches, Walter Riso, arbeitet als Psychotherapeut mit dem Spezialgebiet der kognitiven Verhaltenstherapie. Riso studierte übrigens Psychologie, Theaterwissenschaften, Philosophie und Bioethik. Der gebürtiger Italiener lebte lange in Argentinien, bevor er in Bogotá ansässig wurde.

Das Buch wurde von Stephanie von Harrach exzellent vom Spanischen ins Deutsche übersetzt. Dafür ein großes Lob.
Riso thematisiert in "Liebe in Gefahr" die Fallstricke in Beziehungen und untergliedert sein Buch in:

1) Die erdrückende Liebe
2) Die misstrauische Liebe
3) Die subversive Liebe
4) Die egoistische Liebe
5) Die perfektionistische Liebe
6) Die gewalttätige Liebe
7) Die teilnahmslose Liebe
8) Die chaotische Liebe

Für den Autor ist eine gute und stabile Liebesbeziehung eine solche, in der beide Partner zufrieden sind, ihre Lebensvorstellungen umsetzen zu können und sich beide nicht in ihren Rechten beschnitten sehen, (vgl.: S.12). Dieser Definition stimme ich gerne zu.

In negativen Beziehungsstilen gibt es ein oder zwei Antiwerte, die einer gesunden Beziehung entgegen stehen. Bestimmte Liebesbeziehungsmuster, wie etwa chaotische oder subversive treten eher bei Frauen, andere eher bei Männern auf. Unter dem Begriff Beziehungsstil versteht Riso eine bestimmte Art und Weise, mit affektiver Information umzugehen: sie zu fühlen, sie einzuschätzen und sie ins Beziehungsleben einzubinden, (vgl.: S.17).

Riso unterstreicht, dass dann, wenn der Umgang mit der Information gestört ist, wenn sie von negativen Rastern in Bezug auf uns selbst, auf die Welt und die Zukunft gesteuert wird, sich dies schädlich auf die emotionale und geistige Gesundheit auswirken kann und zwar die eigene und die des Partners, (vgl:.S.17).

Bei acht psychologischen Profilen (histrionisch-theatralisch, paranoid -überwachend, passiv-aggressiv, zwanghaft, antisozial-streitsüchtig, schizoid-einsiedlerisch und emotional instabil) werden jeweils die wichtigsten Merkmale und ihre Auswirkungen auf das Paarleben aufgezeigt. Thematisiert werden des Weiteren die persönlichen Dispositionen, die erklären, wieso sich Menschen auf Beziehungen dieser Art einlassen. Aufgezeigt wird, bis wohin und um welchen Preis es möglich ist, eine gesunde Beziehung mit jemand zu führen, der einen krankhaften Beziehungsstil aufweist. Ferner wird gezeigt, wie man Liebesmuster erkennt, bevor man sich verliebt und man erhält Hilfe, wenn man selbst die erwähnten Charakterzüge aufweist.

Auf alle psychologischen Profile im Rahmen einer Rezension einzugehen, führt zu weit. Besonders enervierend scheint mir ein paranoid-überwachender Partner zu sein, bei dem man pausenlos Treue- und Loyalitätsbeweise liefern muss. Das Problem ist, dass Argwohn zur Lebensform wird. Riso verdeutlicht, dass der paranoide Stil sich in Erinnerungen an negativen Vorkommnissen suhlt, absurde Schlüsse zieht und schließlich gnadenlos urteilt. Der Psychotherapeut verdeutlicht, dass bei sehr eifersüchtigen und rachdurstigen Menschen die Zeit keine Wunden heilt, sondern sie vielmehr verschlimmert und ewig offen hält. Wer mit einem Kontrollmenschen eine Beziehung eingeht, fühlt sich wie bei einem KGB-Verhör. Am Ende wird man, so Riso, vor allem eine große Leere verspüren und das unangenehme Gefühl, mehr gegeben als empfangen zu haben nicht mehr leicht los werden.

Mit einem Narzissten in einer Beziehung zu leben, dürfte auch wenig spaßig sein. Die meisten Narzissten wollen lieber verehrt als geliebt werden, von daher betört sie ein Kniefall eher als eine Umarmung. Applaus ziehen Narzissten einer zärtlichen Berührung vor, (vgl.S. 139). Wer eine gute Beziehung mit einem Narzissten haben möchte, muss ihn dauerhaft bewundern. Für eine solche Verbindung sind nur ich-schwache Menschen tauglich und solche, die sich mit Vorliebe grenzenlos hingeben. Eine untergeordnete Position einzunehmen, damit die Selbstzufriedenheit des Partners nicht gefährdet ist und jeden Tag auf Selbstbehauptung zu verzichten, ist gewiss nicht einfach.

Der absolute Horror jedoch scheint mir, eine Liebes-Beziehung mit einem unerbitterlichen Pedanten einzugehen. Das ist Hölle pur, wie die ausführlichen Schilderungen des Psychotherapeuten klar machen. Riso bringt es auf den Punkt: "Trägt dir jemand eine solch genaue, knauserige, unflexible, skrupulöse, strenge, moralinsaure, formale, rechtschaffene, strukturierte und organisierte Liebe an, dann suche das Weite!" (Zitat S. 168) Das Beziehungsmuster ist ein solches, bei dem ein Partner sich vom "Fehlerausräumer" immer mehr zum Buchprüfer steigert und eine Art Inquistionstribunal schafft. Da man zwanghafte Menschen sehr leicht erkennt, geht man ihnen besser aus dem Weg.

Mit antisozialen Menschen sollte man sich per se nicht abgeben und mit schizoid-einsiedlerischen ebenfalls nicht. Allerübelst auch sind Borderliner, deren emotionale Instabilität zu ertragen, ich mir qualvoll vorstelle.

Ich teile mit Riso die Meinung, dass eine gesunde Liebe auf Menschenwürde basiert und beide Partner davon ausgehen, dass Liebe das menschliche Potential fördert und entwickelt. Irrationale Beziehungsmuster lassen die beglückende Liebe zerbrechen, weil Werte wie etwa Einfachheit, Grundvertrauen, der gute Glaube, Selbstbehauptung, emotionale Offenheit, Bescheidenheit, Solidarität, Einfühlungsvermögen, Flexiblität, Respekt, Sanftheit, Friede, Zärtlichkeit, Selbststeuerung und Empathie nicht gelebt werden können.

Das Buch verdeutlicht sehr gut, was in Beziehungen schief laufen kann, woran es liegt und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine Veränderung herbeizuführen. Ob die Hinweise auf die Schräglagen einen jungen, verliebten Menschen dazu bringen können, einen großen Bogen um ein Beziehungsmonster, wie im Buch beschrieben zu machen, möchte ich allerdings in der Regel bezweifeln. Dies hängt nicht mit der Qualität des Buches zusammen, sondern mit den Hormonen, die den Kopf bei jungen Menschen lahmlegen und nicht nur bei jungen.
Dennoch, empfehlenswert. 

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