Dieses Blog durchsuchen

Rezension: Trauma Angst und Liebe

Prof. Franz Ruppert ist der Autor dieses bemerkenswerten Buches, das von der Prämisse ausgeht, dass Traumata die Hauptursachen für psychische und physische Schwierigkeiten darstellen.

 Das Buch hat er in neun Kapitel untergliedert. Dabei lotet der Autor im ersten Kapitel zunächst die Frage aus, wo die Wurzeln psychischer Probleme zu suchen sind und worum es ihm in diesem Buch hauptsächlich geht. Anschließend erläutert er, was er unter dem Begriff "Psyche" versteht. Für diesen Psychologen ist sie ein Zusammenwirken von Materie, Energie und Information, (vgl.: S.26).

 Zur Sprache gebracht werden die Merkmale der Psyche, auch die psychischen Leistungen, Bewusstsein und Wille sowie Psyche und Realität aber auch die Realitätsausblendung. So ist es beispielsweise eine Aufgabe der Psyche, die Realitäten von einem Organismus fernzuhalten, die ihn überfordern oder die ihm schaden könnten. Deshalb werden Realitäten sowohl bewusst als auch unbewusst ausgeblendet, (vgl.: S.44).

 Der Autor nennt die Voraussetzungen für die Entwicklung einer gesunden Psyche und unterstreicht dabei, dass es nicht genügt, psychische Gesundheit nur über die Abwesenheit von Krankheitssymptomen zu definieren. Ausführlich erläutert er die Leistungen einer gesunden Psyche, die sich mit den Resilienzfakoren von Michelin Rampe in vielem decken:
 Optimismus und die Erwartung von Selbstwirksamkeit
Akzeptanz und realistische Einschätzung der eigenen Situation
Lösungsorientierung und Suche nach konstruktiven neuen Wegen
Nicht in der Opferrolle hängen bleiben
Verantwortung übernehmen und den eigenen Täteranteil erkennen
Sich stabile und wohlmeinende Netzwerke aufbauen
Die Zukunft umsichtig planen (S.61)

Aus Sicht von Prof. Dr. Ruppert sind die eigenen gesunden psychischen Strukturen die wichtigste Ressource um Traumata zu bewältigen. Gesunde psychische Strukturen entwickeln sich aus dem Inneren heraus und können nicht durch äußere Vorgaben und Hilfsmittel ersetzt werden, (vgl.: 62).

Thematisiert werden erfüllte Symbiose- und Autonomiebedürfnisse. Gesunde Autonomie kann sich nur aus der Basis der Befriedigung der symbiotischen Bedürfnisse ergeben. Menschen, die eine gesunde Autonomie entwickeln, haben keine Angst vor Abhängigkeit. Das bedeutet, man kann entspannt in einer Beziehung leben, ohne befürchten zu müssen, von anderen bevormundet, kontrolliert und dominiert zu werden, (vgl.: S.70).

 Man erfährt, weshalb Traumata eine Ursache psychischer Störungen sind. Das Wort Traumata hat im Griechischen seinen Ursprung und bedeutet Wunde und Verletzung. Wissen muss man, dass die menschliche Psyche drei elementare Zustände hervorbringt: Wohlfühlzustände, Stress und Trauma. Diese Zustände werden ausführlich erklärt. Nach Prof. Dr. Ruppert findet eine Traumatisierung dann statt, wenn in einer Gefahrensituation alle Stressverarbeitungsmechanismen und –strategien ihren Dienst versagen, um dieser Situation zu entkommen, (vgl.: S.77). Folgen des Traumas sind das Abschalten des psychischen Gesamtsystems oder das Aufspalten desselben.

Angst und Träume wirken nicht selten zusammen. Man erfährt mehr über die verschiedenen psychischen Zustände von traumatisierten Menschen und hier von den gesunden und den traumatisierten Anteilen, wie auch den Überlebensanteilen. Sehr lesenswert ist die Auflistung der Möglichkeiten, die traumatisierte Menschen haben, die Spaltung in ihrer Psyche zu etablieren und aufrechtzuerhalten. Klar muss sein, dass Trauma-Überlebensstrategien der eigenen Psyche Fesseln anlegen, weil sie nicht in dem Umfang wahrnehmen, fühlen und denken darf, wie ihr das möglich wäre, (vgl.: S.86).

Überlebensstrategien schädigen den Betreffenden, weil früher oder später das eintritt, was er befürchtet: Ohnmacht und Hilflosigkeit.

 Wichtig zu wissen, wenn die Liebe nicht aus gesunden Strukturen herrührt, sondern aus Überlebensanteilen, dann ist die Vorstellung von Liebe beispielsweise wichtiger als die gelebte Realität und die Reaktionen des Menschen, auf die sich die Liebe richtet, (vgl.: S.89). Die Folgen sind in diesem Fall nicht erfreulich, wie man sich denken kann.

Man erfährt Näheres über soziale Rollen als Überlebensstrategien und über die vier Arten von Traumata, die da heißen:
Existenztraumata
Verlusttraumata
Symbiose-/ Bindungstraumata
Bindungssytemtraumata

 Nachdem man über diese Traumata hinreichend aufgeklärt worden ist, wird man über die Wissenschaft der mehrgenerationalen Psychotraumatologie unterrichtet, bevor man Wissenswertes über die Psychotherapie auf der Grundlage der Aufstellungsmethode erfährt. Prof Dr. Ruppert arbeitet seit 1994 nach dieser Methode, gibt in der Folge einen kurzen historischen Abriss über die Arbeit mit der Aufstellungsmethode und zeigt viele Fallbeispiele aus Einzel- und Gruppentherapien auf.

 Der Autor macht auch deutlich wie Traumatisierte wieder gesund werden können. Vier Schritte dienen hier der Heilung: -das Wachsen der gesunden Strukturen -das Aufgeben von Überlebensstrategien und das Erkennen von Illusionen -die Begegnung mit den abgespaltenen traumatisierten Anteilen und -das Ausfüllen der gewonnenen Autonomie mit selbst gesetzten Lebenszielen (vgl.: S. 297) Wie das funktioniert wird ebenfalls an Fallbeispielen verdeutlicht

Zum Schluss erörtert der Autor dann noch die sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen für psychische Gesundheit. Man kann spätestens nach der Lektüre des Buches Prof. Dr. Franz Ruppert nur beipflichten: "Wir sollten als Menschen endlich damit aufhören, uns gegenseitig zu traumatisieren!" (Zitat: S.337) Empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension: Väterlos- Matthias Stiehler

"Kurz gesagt, die "neuen Väter" sind eine Mischung aus Mutter und Spielkamerad. Sie sind alles, nur eben keine väterlichen Väter." (Dr. M. Stiehler, S.77).

Das vorliegende Buch von Dr. Matthias Stiehler wird vermutlich nicht bei allen Lesern auf Zustimmung stoßen, weil es sich mit Begrifflichkeiten befasst, die ein wenig antiquiert wirken. Da meine jahrzehntelangen Beobachtungen zum Thema Mangel an Väterlichkeit in unserer Gesellschaft, sich mit denen von Dr. Stiehler decken, bin ich natürlich hocherfreut über das aufschlussreiche Buch des Psychologen.

Der Autor teilt sein Buch in zwei große Abschnitte ein:
Väterlose Gesellschaft 
Merkmale von Väterlichkeit 

Obschon 2011 etwa 1/4 der Väter Elternzeit nehmen, die Tendenz sogar steigend ist und damit gemessen an vorangegangenen Generationen Väter in Familien wieder präsenter sind, mangelt es an Väterlichkeit. So jedenfalls die These des Autors. Dabei sollte man wissen, dass Väterlichkeit nicht dadurch entsteht, dass man Vater wird. Sie nämlich ist vielmehr die Summe der Eigenschaften, die das spezifische Vatersein ausmachen, (vgl.: S.8). Zu diesen Eigenschaften zählen, die Fähigkeit, die Eigenständigkeit und ein stabiles Selbstbewusstsein, auch die Neugierde und Lust am Entdecken zu fördern und Hilfestellung bei der Entwicklung von Freiheit und Selbstständigkeit zu geben. Ein väterlicher Vater fördert, fordert heraus und mutet zu, was über die bisherigen Lebenserfahrungen hinausgeht (vgl.: S.175) und er wirkt an der Entidealisierung wichtiger Menschen und des Lebens mit. Er erzieht zur Verantwortung, Ehrlichkeit, zu konsequentem Handeln und zur Akzeptanz der Folgen eigenen Handelns. Er lebt vor und lehrt sich dem Leben zu stellen, (vgl.: S.176).

 Überall dort, wo man einen Mangel an Prinzipienfestigkeit und am Festhalten der Wahrheit zugunsten eines kurzfristigen Vorteils feststellen kann, herrscht ein Mangel an Väterlichkeit vor. Denn es fehlt dann in Familien bzw. in Gesellschaften an eindeutiger und nachvollziehbarer Moral und am Ziehen klarer Grenzen, (vgl.: S.28).- Wenn immer nur mütterlich beschützt wird, werden die Menschen nicht eigenständig und wenn Väter nicht väterlich agieren, sondern sich muttergebunden verhalten, missbrauchen sie ihr Kind emotional. Ein solcher Missbrauch ist dann gegeben, wenn nicht klar Stellung bezogen wird und die eigenen Interessen über emotionalen Druck und verdecktes Agieren zu erreichen versucht wird, (vgl.: S.72). Die Forderung, der Mutter zu Liebe ein Tun zu unterlassen und nicht der Sache wegen, zeugt von absoluter Väterlichkeitsschwäche.

Wie Dr. Stiehler unterstreicht, ist es die mangelnde Väterlichkeit bis hin zur Ablehnung von Väterlichkeit (bei der es wohlgemerkt nicht um autoritäres Verhalten geht), die zum bestimmenden Merkmal gegenwärtiger Familienkonstellationen und daraus folgend der Gesamtgesellschaft wurde, (vgl.: S.75). Da stimme ich völlig zu.

Folgt man dem Autor, so ist väterliches Handeln in Familien und der Gesellschaft absolut notwendig, damit kein Stillstand entsteht, der das Ergebnis des Nichtabnabelnwollens aufgrund der falsch verstandenen mütterlichen Fürsorge darstellt.

Nicht nur Väter sind angehalten väterlich zu handeln, sondern auch Mütter, wenn das Kind zu einem eigenständigen und selbstbewussten Erwachsenen erzogen werden soll. Merke: Liebe bedingt mehr als bloßes "Pudern". Empfehlenswert. 

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und 
können das Buch bestellen.

Rezension: Moralia- 2 Bände- Plutarch

Alle Vergnügungen auf jede Weise genießen zu wollen, ist unvernünftig. Alle Vergnügungen ganz vermeiden zu wollen, ist gefühllos." (Plutarch).

Die beiden Bände der "Moralia" des griechischen Schriftstellers Plutarch (geb. um 45, gestorben um 125) umfassen nahezu 2000 Seiten. Herausgegeben wurde das vorliegende Werk von Prof. Dr. Manuel Vogel und Christian Weise. Bei den Werken handelt es sich um eine Neuauflage der deutschen Übersetzung, die zwischen 1818 und 1861 in der von Christian Nathanael v. Osiander und Gustav Schwab herausgegebenen Reihe "Griechische Prosaiker in neuen Übersetzungen" erschien. Damals war es einem breiteren Publikum hier zu Lande dann endlich möglich, Plutarchs "Moralia" zu erkunden und den beachtlichen Reichtum auf den Feldern der Geistes-, Kultur-, Philosophie- ,Religions- und Sozialgeschichte neu zu erschließen, lässt uns M. Vogel in seinem Geleitwort wissen.

Christian Weise, wartet alsdann mit einem editorischen Vorwort auf und beschreibt hier ausführlich den langen Weg der kritischen Ausgaben, informiert ausführlich über die Übersetzungen der "Moralia" Plutarchs in viele Sprachen, übrigens sogar ins Japanische und erteilt auch nützliche Hinweise zur Erschließung der Texte.

In der etwas mehr als eine Seite umfassenden Einleitung erfährt man, was man unter dem allgemeinen Namen "Moralische Schriften" bei Plutarch zu verstehen hat. Dazu gehören alle seine Schriften, die nicht zu der Klasse der Lebensbeschreibungen zählen. Ihrem Inhalt nach sind sie sehr breitgefächert, weil sie sich im Allgemeinen über Gegenstände des Lebens wie auch der Wissenschaften verbreiten und weder Geschichte, noch Mythologie, Kunde des Altertums etc. ausschließen. Einige der Texte sind pädagogisch, andere haben einen politischen Inhalt, wiederum andere sind auf die Philosophie und deren Anwendung auf das Leben bezogen oder auch auf die Bekämpfung entgegengesetzten Lebens, (vgl.: S.21).

Im ersten Band hat man u.a. Gelegenheit Plutarchs Betrachtungen über die Erziehung zu studieren, erfährt auch, was ein Jüngling lesen soll, wie man den Schmeichler vom Freund unterscheidet, wie man von seinen Feinden Nutzen ziehen kann, erfährt Aufschlussreiches über Tugend und Laster, um sich dann der Trostschrift an Apollonius widmen zu können. Ich versuche erst gar nicht all das, was auf den fast 2000 Seiten zu lesen ist, zusammen zu fassen, denn die Themenvielfalt lässt dies nicht zu und bin im Übrigen des Ansicht, dass man die Bücher nicht chronologisch lesen muss, sondern sich immer wieder in einzelne Kapitel vertiefen kann, die uns gerade beschäftigen. So hat mir vor Jahren bereits das Kapitel "Wie man von seinen Feinden Nutzen ziehen kann" sehr gut gefallen, weil Plutarch begreifbar macht, dass man jeden Angriff seiner Feinde dazu nutzen kann, in vieler Hinsicht noch mehr an sich zu arbeiten, um schließlich irgendwann unantastbar zu werden. Natürlich ist die ein langer und beschwerlicher Weg.

Sehr lesenswert sind Plutarchs Gesundheitsvorschriften, die dem Leser indirekt etwas über die medizinischen Verhältnisse in jener Zeit berichten. Seine Ehevorschriften, die man ebenfalls dem 1. Band entnehmen kann, zeigen, dass Plutarchs Empfehlungen dahin gehen, gewaltfrei sein weibliches Pendant in gewisser Weise zu leiten. Für die damalige Zeit war dieser Gedanke schon recht fortschrittlich. Er plädiert dafür, dass Eheleute charakterlich harmonieren sollen, um eine zufriedenstellende Ehe möglich zu machen, (vgl.: S.237), auch dieser Gedanke war fortschrittlich.

Man liest weiter über das Gastmahl der sieben Weisen, auch über seine Betrachtungen zum Aberglauben, von dem er sagt, man müsse ihn aus verschiedenen Gründen, die er auch benennt, meiden. Dabei argwöhnt er, dass der ein oder andere, der dem Aberglauben entgehen möchte, in hartnäckigen Atheismus verfalle und die Mitte, die in der Frömmigkeit liege, überspringe, (vgl.: S.287). Um die Mitte geht es Plutarch eigentlich immer. Diese Suche nach Ausgleich zeigt, dass er ein sehr weiser Mann war.

Es folgt eine Fülle von Denksprüchen von Königen und Feldherren, Römern etc. aber auch von einigen Spartanerinnen, bevor man sich mit den Tugenden von Frauen (im Text steht  von Weibern) befassen kann. Hier thematisiert er Trojanerinnen, Perserinnen, Chierinnen und viele, viele andere Frauen, darunter auch das Weib der Pythes, das zur Zeit des Xerxes lebte und das durch seine Weisheit und Güte bekannt geworden ist, (vgl.: S. 455ff).

Über gut 80 Seiten hinweg erörtert Plutarch Fragen zu Römischen Gebräuchen. Zu den Fragen zählen solche wie etwa "Warum nennt man den Bacchus Liber pater?" (S.506).

Interessant sind die Parallelen griechischer und römischer Geschichten, die er alsdann aufzeigt und seine Reflektionen über das Glück der Römer. Im Zuge bestimmter Themenstellungen zu Orakeln überdenkt Plutarch auch den Verfall dieser Orakel, um wenig später über die moralischen Tugenden und auch über die Bezähmung des Zorns nachzusinnen. Hier zeigt er sich wie so oft als guter Psychologe. "Die Gelassenheit aber, die uns in manchen Fällen gute Dienste leistet, gereicht uns in anderen zur Zierde und vermehrt die Freude, aber durch ihre Milde besiegt sie jeglichen Zorn und Unmuth," (Zitat: S.787).

Plutarch lässt sich in der Folge näher über die Gemütsruhe, sprich die Gelassenheit, aus, schreibt dann über die Bruderliebe, aber auch über die Liebe zu den Kindern, um sich ferner zur Geschwätzigkeit und zur Neugierde äußern. All dieses dokumentiert seine große psychologische Einfühlsamkeit. Ich möchte das an einer Textstelle zum Thema Neid und Hass dokumentieren: "Wir wollen un auch den Beweggrund einer jeden dieser Leidenschaften betrachten. Bei dem Hass hat man die Absicht, (E) nach Kräften Böses zu thun, daher bestimmt man den Hass als eine Gemüthsstimmung und als einen Vorsatz, jede Gelegenheit zu beachten, um Böses thun. Bei dem Neide findet dieses nicht statt, der Neidische wünscht Manchen seiner Freunde und Bekannte weder Tod noch Unglück; er fühlt sich nur durch ihr Glück gekränkt, daher sucht er womöglich, den Ruhm und Glanz desselben zu verhindern, ohne sie in Noth und Unglück zu stürzen, sondern er begnügt sich, wie bei einem hervorragenden Hause, den Theil, der ihm Schatten verursacht, hinwegzunehmen," (Zitat.: S. 907).

Dies sind nicht alle Themen, die im ersten Band breit angelegt erörtert werden. Eine Auflistung aller Themen würde den Rahmen einer Rezension leider sprengen, speziell wenn noch ein Blick auf Band 2 mit weiteren 871 geworfen werden soll. Hier hat man Gelegenheit sich zunächst durch 200 Seiten Tischreden zu lesen. Dabei wird eine Fülle von Fragen beantwortet, beginnend mit der Frage: "Darf man beim Trinkgelage über Philosophie sprechen?" Dann folgt ein überaus lesenswertes "Gespräch über die Liebe". Hervorheben möchte ich die Worte "Jeder Liebende wird freigiebig, mittheilend und hochherzig, wenn er auch vorher karg war..," (Zitat 243), womit Plutarch deutlich macht, welche wichtige Bedeutung die Liebe im Leben eines Menschen hat.

Zudem schreibt Plutarch zu politischen Lehren Wissenswertes und porträtiert das Leben der zehn Redner, zu denen auch Hyperides zählte.

Der hochgebildete Schriftsteller äußert sich auch zu physikalischen Lehrsätzen der Philosophen und geht hier Fragen nach, was Natur sei, wie die Welt entstanden ist, mit welchen Element Gott begonnen hat, die Welt zu bilden, ob die Seele ein Körper sei und woraus ihre Substanz bestehe, um nur einige der Fragen zu nennen. Er befasst sich ferner mit der Ursache von Kälte und mit der Frage, ob Wasser oder Feuer nützlicher sei und stellt u.a. Überlegungen zum Fleischessen an

Es folgen eine Reihe so genannter platonischer Fragen, auch befasst er sich mit der Entstehung der Weltseele in Platons Timäus, mit der Widersprüchen der Stoiker, um irgendwann dann fast zum Schluss über 30 Seiten hinweg den Leser zu überzeugen, weshalb man nach Epikurs Grundsätzen überhaupt nicht vergnügt leben kann. Plutarch ist auch mit Epikurs Vorschrift "Lebe im Verborgenen" alles andere als einverstanden und hält dieser Vorschrift Argumente entgehen, an denen sich Epikur sicher die Zähne ausgebissen hätte.

Gefallen hat mir, dass auf den letzten Seiten dann noch Betrachtungen Plutarchs zur Musik nachzulesen sind, die sein Universalgelehrtsein abrunden.

Was auffällt, ist die generelle Gelassenheit, mittels der Plutarch sich allen Themen nähert und das hohe Maß an Toleranz, das es ihm ermöglicht, intellektuelle Neugierde auszuleben und sich unverkrampft über die Vorurteile und Klischees seiner Zeit gedanklich hinwegzusetzen. 

 Die "Moralia" empfehle ich gerne, heute, morgen und für alle Zeiten.

Sehr empfehlenswert.

Helga König

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen. 

Rezension:Grundformen der Angst: Eine tiefenpsychologische Studie (Taschenbuch)

Der Psychoanalytiker Fritz Riemann (1902-1979) befasst sich in dieser tiefenpsychologischen Studie mit den Grundformen der Angst. Es handelt sich hierbei um:

 1) Die Angst vor Selbsthingabe, als Ich-Verlust und Abhängigkeit erlebt;
 2) Die Angst vor Selbstwerdung, als Ungeborgenheit und Isolierung erlebt;
 3) Die Angst vor Wandlung, als Vergänglichkeit und Unsicherheit erlebt;
 4) Die Angst der Notwendigkeit, als Endgültigkeit und Unfreiheit erlebt.

 Riemann hält gleich zu Anfang seiner Studie fest, dass Erwachsen-Werden und Reifen einhergehen mit Angstüberwindung. Jedes Alter hat seine entsprechenden Reifungsschritte mit den dazugehörenden Ängsten, die gemeistert werden müssen, wenn der Schritt gelingen soll. Der Autor verdeutlicht, dass diese Ängste gleichsam organisch zu unserem Leben gehören, weil sie mit körperlichen, seelischen und sozialen Entwicklungsschritten zusammenhängen.

In der Folge stellt Riemann Persönlichkeiten vor, die Angst überwertig erleben und zeigt jeweils auf, wodurch diese überzogenen Ängste in der Kindheit entstehen

 Ich erlaube mir die wichtigsten Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensmuster an dieser Stelle festzuhalten, damit die potentiellen Leser einen Überblick bekommen, worum es hier eigentlich geht

 Die schizoide Persönlichkeit

 Schizoide Personen haben ein übersteigertes Empfinden hinsichtlich der Selbstbewahrung und Ich- Abgrenzung. Kennzeichnend für diesen Personenkreis ist eine übersteigerte Angst vor Nähe. Sie möchten auf niemand angewiesen und niemanden verpflichtet sein. Der Schizoide strebt überhöhte Distanz an, weil er sich dauernd in seinem Lebensraum bedroht fühlt.

Auf die Umwelt wirkt ein solcher Mensch fern, kühl, unpersönlich und kalt. Auch wenn man diese Leute schon lange kennt, kennt man sie nicht wirklich. Selbst, wenn man heute einen guten Kontakt zu ihnen haben mag, verhalten sie sich morgen so als hätten sie uns nie gesehen

Mangels des Nahkontaktes entsteht eine krankhafte Eigenbezüglichkeit, wahnhafte Einbildungen und Wahrnehmungstäuschungen. Das Gefühlshafte bleibt bei solchen Menschen oft unterentwickelt.

 In der Liebe wird der Partner nur als "Sexualobjekt" gesehen, das der Befriedigung der Sinne dient, darüber hinaus allerdings nicht interessiert. Wenn die Gefühlskälte weiter fortgeschritten ist, kann es geschehen, dass auf den Partner unverarbeitet Hassgefühle und Rachehaltungen unbewusst projeziert werden, die einer ursprünglichen Person in der Kindheit gegolten haben.

Schizoide Personen reagieren beim Überschreiten ihres Schutzkreises- ihrer imaginären Grenze - durch andere mit Panik, die in wilden Angriff umschlägt. Der Angst folgt die Aggression

 Schroffheit, plötzliche verletzende Schärfe, eisige Kälte, Unerreichbarkeit und sekundenschnelles Umschlagen von Zuwendung in feindselige Ablehnung sind die häufigsten Ausdrucksmöglichkeiten der Aggression.

 Riemann zeigt an Beispielen schizoide Erlebnisweisen auf, wobei er darauf hinweist, das schizoides Verhalten ein geisteskrankes Verhalten ist

 Gefühlsabläufe und Verstandeserfahrungen laufen gleichsam getrennt, verschmelzen nicht zu einheitlichem Leben. Mit wachsendem Autismus verliert der schizoide Mensch immer mehr das Interesse an der Welt und den Menschen. Die Schwerstgestörten machen sich selbst zum Maßstab aller Dinge. Dies Kann zu größenwahnsinniger Überheblichkeit und Selbstvergottung führen. Ethik und Moral sind für Schizoide fragwürdig. Nicht selten entwickeln diese Menschen eine "Herrenmoral", für deren Angehörige andere Regeln gelten als für in ihren Augen "Schwache".

 Menschen mit stark schizoider Struktur leiden nicht an ihrem Wesen, sondern sie fühlen sich gesund. Oft ist es ihr Umfeld, das lernen muss sich abzugrenzen, um psychisch nicht auf der Strecke zu bleiben.

 Die depressive Persönlichkeit.

 Dieser Personenkreis hat Angst ein eigenständiges Ich zu werden. Den Depressiven quält die trennende Kluft zwischen Ich und Du. Alleingelassenwerden und Verlassenwerden kann ihn in tiefe Depression und Verzweiflung stürzen. Um sich vor Verlustängsten zu schützen, müssen diese Personen lernen viel Eigenständigkeit und Unabhängigkeit zu entwickeln. Distanz bedeutet für den Depressiven Bedrohung. Um anderen uneingeschränkt nahe sein zu können unterdrücken diese Menschen gerne Kritik und Zweifel am Nächsten. Ihr Persönlichkeitsbild weist überwertig Tugenden, wie etwa Bescheidenheit, Überangepasstheit, Unterordnung bis zur Selbstaufgabe, im Extremen masochistisches Hörigkeitsverhalten auf.

 Für sich selbst fordern diese Personen nichts. Riemann lässt den Leser wissen, dass es kennzeichnend für Depressive ist, dass sie schwer etwas merken können, schnell vergessen, oft Lernschwierigkeiten haben und nicht selten teilnahmslos und müde erscheinen. Aggression bei Depressiven äußert sich in Jammern, Klagen und Lamentieren. Aggression und Angst vor Liebesverlust führen oft zu Selbsthass und zur bewussten und unbewussten Selbstbestrafung und Selbstzerstörung. Auch hier macht Riemann das Krankheitsbild an Beispielen deutlich.

 Depressive versetzen sich in die Situation des anderen. Sie identifizieren sich mit ihm soweit, dass sie den eigenen Standpunkt und die eigenen Interessen darüber weitgehend vergessen. Da sie zu wenig Eigenimpulse und Eigenwünsche haben, die sie den Wünschen anderer entgegensetzen können, unterliegen sie den Impulsen und Wünschen anderer. Immer sind sie gewohnt die Erwartungen anderer zu erfüllen. Wenn ein solcher Mensch sich für alles verantwortlich fühlt, geschieht dies nicht aus Größenwahn, sondern aus fehlender Ich-Stärke, die ihn mehr den anderen leben lässt als sich selbst. Dies kann bis zur völligen mentalen Selbstaufgabe führen.

 Die zwanghafte Persönlichkeit.

Dieser Personenkreis hat eine übergroße Angst vor Vergänglichkeit. Dadurch kommt es zum starren Festhalten an Überkommenem auf allen möglichen Gebieten. Tradition, familiärer , gesellschaftlicher, moralischer, politischer, wissenschaftlicher und religiöser Art führen nicht selten zu Dogmatismus, Konservatismus, Prinzipien, Vorurteilen und zu verschiedenen Formen von Fanatismus. Je starrer diese vertreten werden, desto intoleranter sind diese Menschen anderen gegenüber, die sie angreifen oder auch nur eine Frage stellen. Je mehr diese Personen an altem festzuhalten suchen, um so mehr empfinden sie die Angst vor Vergänglichkeit. Das hartnäckige Zwingenwollen und Bändigenwollen der Gewalten des Lebens ist hier typisch.

In einer Liebesbeziehung will der Zwanghafte seinen Partner nach seinem Willen formen.Geld, Pünktlichkeit, Sparsamkeit, Machttrieb, Pedanterie und Starre lassen solche Beziehungen verkümmern. Das Liebesleben ist insgesamt erosfeindlich.

 Aggressionen sind hier zwanghaft, weil sie mit Machtwillen verbunden sind. Die Aggressionen der Zwanghaften dienen der Macht und die Macht der Aggression. Formen der Aggression sind Verschlagenheit, hinterhältige- feige , versteckte Aggression, die aus dem Hinterhalt zuschlägt. Auch hier erhält man wieder lebensgeschichtlich Hintergrundinformationen. Perfektionismus, Unduldsamkeit gegenüber anderen, die sich zu diktatorischen und dogmatischem Verhalten vertiefen sind bezeichnend.

Die hysterische Persönlichkeit

 Dieser Personenkreis hat Angst vor dem Unausweichlichen, vor der Notwendigkeit und vor der Begrenztheit unseres Freiheitsdranges. Grenzüberschreitendes Erleben zieht ihn an. Platzangst, Staßenangst, die Angst sich in geschlossenen Räumen aufzuhalten , auch Tierphobien sind im Grunde verschobene Ängste. Die Angst, die dahinter steht, ist die Angst vor Freiheitsbeschränkung.

 Hysteriker sind in ihren Liebesbeziehungen leidenschaftlich, intensiv und fordernd. Sie sind Meister der Erotik, der Verführung, des Flirts und der Koketterie. Diese Menschen sind genussfroh, phantasiereich und verspielt. Treue ist ihnen nicht so wichtig, zumindest die eigene nicht. Heimliche Liebschaften haben einen besonderen Reiz für sie und geben ihrer romatischen Fantasie freien Raum. Das Bedürfnis bestätigt werden zu wollen nimmt bei diesen Menschen überwertige Formen an. Ihr Narzissmus, ihre Eigenliebe bedarf immerwährender Bestätigung. Einen Partner benötigten sie vor allem , damit dieser sie ihres Charmes, ihrer Schönheit, ihrer Bedeutung und sonstiger Vorzüge versichert. Schürzenjäger und Männerverbraucherinnen (so die Worte Riemanns!) sind typische Hysteriker. Aggressionen leben Hysteriker in der Intrige aus. Abwertungen eines anderen bis hin zur Vernichtung kommen seiner ausgeprägten Rachehaltung entgegen. Flammende Entrüstung, pathetische Gesten und leidenschaftliche Anklagen sind typische Aggressionsäußerungen.

Auch hier wieder werden lebensgeschichtliche Hintergründe aufgezeigt. Das zentrale Problem hysterischer Persönlichkeiten ist, dass sie die Identität mit sich selbst nicht finden. Problematisch ist, dass scheinbar ergänzende Persönlichkeitsstrukturen oft eine instinktive Anziehung aufeinander ausüben, weil sie durch den Gegentyp zur Ganzheit zu gelangen beabsichtigen. Der Schizoide ahnt von der Liebesfähigkeit des Depressiven, seiner Opferbereitschaft, seinem Sich-Selbst-zurückstellen, seinem einfühlenden Sich-bemühen. Er ahnt die Erlösung aus seiner Isolation,die Möglichkeit am Partner etwas nachzuholen. Anderseits fasziniert den Depressiven am Schizoiden , dass dieser etwas lebt, was er nicht zu leben wagt. Zudem spürt er hier jemand , der seine Liebesbereitsschaft dringend braucht. Im Zusammenleben spitzen sich dann allerdings Abhängigkeits- und Unabhängigkeitsdrang dramatisch zu. Es folgt endloses Missverstehen.

Endsprechend verhält es sich zwischen zwanghaften und hysterischen Persönlichkeiten. Auch hier enden Beziehungen in der Regel in Auseinandersetzungen.

 Gegensätzliches stößt sich am Ende ab, wenn nicht die Bereitschaft zur Erkenntnis und Reifung beidseitig vorhanden ist

 Sehr empfehlenswert.

 Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.
.

Rezension:Flourish - Wie Menschen aufblühen: Die Positive Psychologie des gelingenden Lebens (Gebundene Ausgabe)

Prof Dr. Martin E.P.Seligmann ist der Autor dieses Buches, das in zwei große Teile untergliedert ist und sich dabei im ersten Teil ausgiebig mit einer neuen positiven Psychologie befasst, währenddessen es im zweiten Teil dann um Wege des Aufblühens geht.

Zunächst geht der Autor der Frage nach, was man unter Wohlbefinden zu verstehen hat und erörtert die Theorie des Wohlbefindes sehr erhellend. Wohlbefinden ist ein Konstrukt und besitzt fünf messbare Elemente. Genannt werden: Positives Gefühl, Engagement, Beziehungen, Sinn und Zielerreichung, (vgl.: S.45). In der Theorie des Wohlbefindens ist das Ziel der Positiven Psychologie das Aufblühen von Menschen zu messen und zu unterstützen. Von daher muss zunächst erfragt werden, was uns eigentlich glücklich macht, (vgl.: S. 53).

Seligmann stellt eine kurze Übung vor, die das Wohlbefinden erhöhen und die Depression mindern soll, stellt weiterhin einen Überblick über 14 Sitzungen der Positiven Psychotherapie vor, zeigt auch wie man mit negativen Gefühlen umgehen soll, um dann schließlich auf unterschiedliche Lehren des Wohlbefindens einzugehen. Der Autor schreibt über den Sinn, bereits jungen Menschen Wohlbefinden zu lehren und thematisiert das Resilienzprogramm der Penn-Universität, dessen Aufgabe es ist, die Fähigkeit der Schüler zu vergrößern, mit alltäglichen Problemen umzugehen, die typisch für die Adoleszenz sind, (vgl. S.123).

Der Wissenschaftler listet die Ergebnisse des Penn-Resilienz-Programm auf und überzeugt den Leser von der Notwendigkeit, eine positive Erziehung voranzutreiben. Ein Weg dazu wäre positive Computerarbeit, da stimme ich Seligmann zu.

Im zweiten Teil dann kann man sich zunächst in eine neue Theorie der Intelligenz vertiefen, sich in diesem Zusammenhang einem Entschlossenheitstest unterziehen. Anschließend werden die Vorteile von Entschlossenheit aufgezeigt, dann weitere Elemente des Erfolgs genannt, die eine Voraussetzung des Erblühens sind.

Der Autor schreibt u.a. darüber, wie man Trauma in Wachstum verwandeln und mentale Widerstandsfähigkeit aufbauen kann, befasst sich auch mit der Biologie des Optimismus, um dann einen Test der Charakterstärken vorzulegen, der uns zeigt, wo unsere Stärken liegen, sei es im Bereich der Weisheit und des Wissens, im Mut, in der Mitmenschlichkeit und Liebe, in der Gerechtigkeit, der Mäßigung oder in der Transzendenz. Der Test ist sehr aufschlussreich und zeigt, welche Talente wir verstärkt einsetzen sollten, um mehr und mehr zu erblühen.

Lesenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und
können das Buch bestellen.