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Rezension: Das Böse- Wie unsere Kultur aus den Fugen gerät- Notker Wolf, Leo G. Linder.- Gütersloher Verlagshaus.

Auf dieses wunderbare Buch wurde ich auf der letzten Frankfurter Buchmesse aufmerksam. Verfasst haben es der Abtprimas Notker Wolf und sein Co-Autor Leo G. Linder.

Der Benediktiner Notker Wolf ist Doktor der Philosophie und hat in Rom und München Philosophie, Theologie, Zoologie, Anorganische Chemie und Astronomie studiert. Bevor er im Jahre 2000 Abtprimas, d. h. der oberste Repräsentant der Benediktiner wurde, war er u.a. in Rom als Professor für Naturphilosophie tätig. Auch Leo G. Linders Berufsweg ging ein Philosophiestudium voraus.

Was ist das Böse und wie kann man ihm beikommen?

21 Kapitel warten auf den Leser.  Fast jeder wird zustimmen, dass es unerträglich ist, allein schon in Filmen das Böse am Ende triumphieren zu sehen. Natürlich wünscht man sich, dass der Verräter, der Geizkragen, der Killer und der eifersüchtige Neurotiker seine Quittung erhält. Nicht nur im Film.

Es ist wohl wahr, böse Erfahrungen steckt man nicht einfach weg, sie prägen bis ans Ende des Lebens und nichts vermag die Brandzeichen des Bösen aus unserer Seele löschen, selbst viele gute Erfahrungen nicht. Es stimmt, dass der Verrat eines Freundes, der Betrug eines Geschäftspartners, die Gleichgültigkeit einer Mutter genügen können, um uns zu einem misstrauischen, verzagten und auch argwöhnischen Menschen  machen können. Damit dieses nicht geschieht, müssen wir uns Verhaltensmuster klar machen, aufgrund dessen man das Böse frühzeitig erkennen kann.

Die Begegnung mit dem Bösen vermag zu traumatisieren und ein solches Trauma lässt sich schwer auflösen. Es gibt Bosheit, so Wolf, die völlig unberechenbar ist und die keinem anderen Gesetz als dem des größtmöglichen Schadens gehorcht. Solche Formen von Bosheit habe ich bereits zweimal im Leben erlebt und kann das bestätigen.

Diese Form der Bosheit folgt keiner Logik und wo sie einer zu folgen scheint, ist es die Logik der Heimtücke (S.33). Offenbar ist das einzig Verlässliche am Bösen die Willkür. Dies auch ist der Grund, weshalb uns solche Attacken ratlos zurücklassen und das Vertrauen ins Dasein als Ganzes erschüttern.

Beleuchtet wird die objektive und ebenfalls die subjektive Seite des Bösen. Es werden Überlegungen auch dahingehend angestellt wie sich das Böse aus Sicht des Akteurs zeigt. Dabei wird den Fragen nachgegangen, ob diese Personen in der Absicht, Schaden anzurichten, Entsetzen zu verbreiten und weh zu tun böswillig agieren. 

Offenbar ist das Böse nicht der Endzweck, sondern stets nur Mittel zu einem Zweck. "von dem sich der Täter einen Vorteil, einen Gewinn, einen Genuss oder Befreiung verspricht. Mit anderen Worten: Für den Bösen ist das Böse in aller Regel eine Lust.“ (S.36)

Das Böse an sich lässt sich-  wenn überhaupt-   nur schwer fassen. Der Handelnde hat kein Schuldbewusstsein, das ihn aufhalten kann. Seine Motive (beispielsweise Vorteile zu erhaschen) erscheinen ihm gut, dafür nimmt er die negativen Begleitumstände in Kauf. 

Im Gegensatz zum Bösen, bleibt das Gute stets gleich. Wie im Buch betont wird, gibt es eine Logik des Bösen, die darauf abzielt, das Zerstörerische oder Selbstzerstörerische plausibel erscheinen zu lassen. Des Weiteren gibt es eine Vernunft des Guten, welche die Logik des Bösen als Scheinrationalität entlarvt. Darüber erfährt man im Buch Wissenswertes und liest zudem, dass derjenige, der für fremdes Leid nicht ansprechbar ist, dem Bösen Vorschub leistet, wie auch umgekehrt auf dieser Welt nichts Gutes geschieht, das nicht aus der Quelle eines umfassenden Mitgefühls fließt.

Es führt zu weit,  auf all die Facetten historischer Exkurse im Buch näher einzugehen. Festgehalten aber werden kann, dass sich die Griechen und Juden der Antike nicht nur in ihrer Strategie zur Bekämpfung des Bösen unterscheiden, sondern dass sie das Wesen des Bösen auch verschieden einschätzen.

Man lernt an Beispielen kennen, wann verantwortliches in unverantwortliches Verhalten umschlägt. Bemerkenswert finde ich das Beispiel von Sanson, dem Henker von Paris während der Französischen Revolution. Er, der täglich Dutzende von Menschen unter das Fallbeil legte und ihnen den Tod brachte, zeigte stets Mitgefühl mit den Opfern und versuchte sie zu trösten.

Der Milgram –Versuch aus den 1960er Jahren kommt auch zur Sprache und stimmt ebenfalls nachdenklich. Viele haben von diesem Versuch gehört, der dokumentiert, dass obrigkeitshörige Menschen leichter ihr Gewissen und ihr Mitgefühl verdrängen können als andere.

Es geht letztlich immer darum, zu erkennen, dass die eigene Seele Schaden nimmt, wenn man um seines Vorteils willen anderen Schaden zufügt und darum ging es in allen Zeiten.  Im Benennen des Vorteils darf man nicht realtivieren   und ihn  schon gar nicht mit dem Pflichtargument hinwegzumogeln  suchen. Brav zu tun, was eine menschenverachtende Obrigkeit möchte, dient in der Regel auch einem Vorteil: dem persönlichen Fortkommen und wenn dieses auch vordergründig nur darin besteht, nicht attackiert zu werden.

Man erfährt des Weiteren Sachverhalte aus dem Alten Testament, liest vom Sündenfall und der Geburtsstunde des Gewissens, die aber auch die Geburtsstunde der Freiheit war, weil der Mensch von da an die Wahl hatte, zwischen dem Guten und dem Bösen zu entscheiden. Der Preis der Freiheit war der Bruch mit Gott. Wer in Übereinstimmung mit Gott lebt, für den existiert das Böse nicht. 

Man liest u.a. über Thomas Hobbes für den der Mensch eigentlich nicht böse, sondern vollkommen asozial war und auch von Jean -Jacques Rousseau, der überzeugt war, dass die Zivilisation nichts als Konkurrenzdenken und Selbstsucht produziere und deshalb der "zivilisierte" Mensch hasse, betrüge und ermorde.

Der zivilisierte Mensch war nach Ansicht dieses französischen Philosophen böse, deshalb auch sollten sich die Menschen aus der Zwangsjacke der Zivilisation befreien. Es werden noch weiteren Theorien angerissen und über die Menschenwürde philosophiert.

Bei allen Überlegungen aber ist klar, dass man das Problem des Bösen nicht dadurch zu lösen vermag, indem man die Augen vor ihm verschließt. Gier, eine Facette des Bösen, gibt es nicht erst seit heute. Im 16. Jahrhundert soll sie neben dem Geiz in Antwerpen wie eine Seuche um sich gegriffen haben. Zusammenfassend liest man. dass Habsucht mit dem Reichtum einhergeht und wahrhaft unersättlich nur der Satte erscheint.

Auch die Todsünden kommen zur Sprache und hier der Neid, der am Anfang aller Laster steht. Dabei muss man wissen, dass der Neid seit jeher Glück in Unglück verwandelt. Ohne Neid kann es keine Gier geben. Erst in der Gier wird der Neid aktiv. Wo die Gier sich verselbstständigt, wird sie zum eigentlichen Lebenssinn und tritt meiner Beobachtung nach nicht selten im Umfeld von Hybris auf. 

Hybris überrage alle Todsünden und habe nichts von der Banalität des Neids und der Gier des Narzissmus. Sie kann zu einer extremen destruktiven Kraft werden, weil sie kein Halten mehr kennt und sich über alles, die Vernunft, die Nachhaltigkeit etc. etc. hinwegsetzt, im Glauben stets die besten Lösungen parat zu haben, weil man der/die Größte, Beste oder Schönste ist.

Wie das Buch deutlich macht, verbündet sich jeder, der sich für das Gegeneinander entscheidet, wo sich das Problem der Verbundenheit in elementarer Form stellt, mit dem Bösen. Daran hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert. 

In dieser Beziehung ist täglich Achtsamkeit angesagt.

Sehr empfehlenswert.

Helga König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Gütersloher Verlagshaus und können das Buch bestellen.http://www.randomhouse.de/Buch/Das-Boese-Wie-unsere-Kultur-aus-den-Fugen-geraet/Notker-Wolf/e448327.rhd?mid=1. Sie können es aber auch  beim Buchhändler um die Ecke ordern.

Rezension: Die Kunst das rechte Maß zu finden- Anselm Grün

Anselm Grün hat Theologie, Philosophie und Betriebswirtschaft studiert und ist seit über 35 Jahren als wirtschaftlicher Leiter (Cellar) für die mehr als 300 Mitarbeiter in verschiedenen Betrieben des Klosters Münsterschwarzach verantwortlich. 

Sein jetzt gerade erschienenes Buch "Die Kunst, das rechte Maß zu finden" beginnt er mit Überlegungen zum deutschen Wort "Maß" und seines Umfeldes, das uns in nicht wenige Bereiche unseres Lebens hineinführt und diverse Aspekte berührt. Pater Anselm nennt hier den Konsum, den Umgang mit der Schöpfung, den Umgang mit uns selbst, die Arbeit, die wir im Beruf leisten, auch das Engagement, das wir häufig ehrenamtlich in Vereinen aufbringen, wie auch die Gestaltung des Tages und der Freizeit. 

Vom rechten Maß, so der Autor, hängt das Gelingen unseres Lebens ab. Für den heiligen Benedikt, der vor 1500 Jahren für seine Mönche eine Regel aufgestellt hat, war die Tugend der weisen Mäßigung (discretio) die Mutter aller Tugenden. Dabei geht es beim Thema Maßhalten weniger um moralische Appelle als um einen Weg zu einem gesunden, wertvollen Leben. 

Überall auf dieser Welt erfahren wir Maßlosigkeit und ihre fatalen Folgen, so dass es sinnvoll ist, sich mit dem rechten Maß näher zu befassen. 

Anselm Grün untergliedert sein Buch in drei Abschnitte:
Die Balance halten 
Achtsam mit der Schöpfung umgehen 
Was der Mensch braucht 

Für den Autor hängt das rechte Maß mit einer guten Balance zwischen den verschiedenen Polen zusammen, die unser Leben ausmachen und zu ihm gehören. Anselm Grün stellt einige dieser Pole vor. Zunächst äußert er sich zur Balance zwischen Geiz und Verschwendung. Beides sind Laster, deren Ursache in der Gier, immer mehr haben zu wollen, liegen. 

Für Buddhisten sei die Gier die Ursache allen Leids und aller Übel. Doch auch ein Schüler des heiligen Paulus schreibt, dass die Habsucht die Wurzel allen Übels sei. Zu dieser Überzeugung bin ich durch meine Beobachtungen und Erfahrungen in meinem Leben auch gelangt.

Balance gilt es gleichwohl zwischen Selbstentwertung und Hochmut herzustellen. Auch diese beiden Haltungen haben eine analoge Ursache, nämlich maßlose Bilder von uns selbst. Auf dem Grund der Seele, im Raum der Stille lösen sich alle Bilder der Selbstentwertung und Selbstüberschätzung auf. Hier werden wir ganz wir selbst. Hier muss man weder sich noch andere bewerten. Es geht darum, die eigene Begrenztheit anzunehmen und des Weiteren die Balance zwischen Selbstsorge und Sorge für den andern auszutarieren. 

Es geht um das Maß zwischen Geben und Nehmen. Man muss Gefühle wie Ärger, Ausgenutztwerden und Enttäuschung zur Kenntnis nehmen und sie genau anlysieren sowie seine Konsequenzen aus der Analyse ziehen, denn ansonsten drohen nicht selten seelische oder körperliche Reaktionen. Davon kann ich ein Lied singen.

Notwendig ist es also, auf unsere Gefühle zu achten. Über unsere Erwartungen an andere sollten wir nachdenken und damit aufhören, andere zu entwerten, weil wir zu große Bilder von uns haben. Nicht selten sind es die Schattenseiten unserer selbst, die wir auf andere projizieren, um sie auf diese Weise abzuwerten. Wie aggressiv Abwerter agieren, erlebt man täglich im Internet durch pervers niederträchtige  Trolle.

Wer das rechte Maß finden möchte, muss achtsam sein und nachhaltig mit sich umgehen. Maßhalten mit den eigenen Kräften gehört ebenso dazu, wie das generelle Entrümpeln und Vereinfachen des Umfelds und unserer Termine. 

Auch beim Arbeiten darf man nicht seine Mitte verlieren, denn ansonsten lässt man sich auspressen oder beutet sich selbst aus. Pater Anselm Grün überdenkt im Hinblick auf Maßhalten  sehr viele Aspekte, nicht zuletzt auch Disziplin und Ordnung, weil ohne diese beiden Faktoren der Mensch seine Form verliert, auseinanderfällt und keine Mitte mehr hat. 

Wer sein Leben in Ordnung bringt, ordnet seine Beziehungen, seinen Lebensstil, sein Essen und sein gesamtes Leben. Das richtige Zeitmaß und  ein Bewusstsein für das Bewusstsein des Lebens, Rituale und vor allem bei der Sache bleiben, helfen mittig zu sein. Dazu kommt noch "discretio" gemeint ist das Unterscheidungsvermögen beim Maßgeben und Maßsetzen, die Rücksicht auf den Menschen und seine Veranlagung, das bedächtige Maßnehmen. 

Wichtiges vom Unwichtigen zu trennen, sich auf das Wesentliche besinnen sind auch Kriterien, um im rechten Maß zu leben und fernab von Ruhelosigkeit seinem Tun kreativ nachzugehen. Es ist notwendig, eigene Bedürfnisse nicht an den Bedürfnissen anderer zu messen, sondern auszuloten, was für uns selbst wirklich wichtig ist. 

Demut ist der Schlüssel, um auf dem Teppich zu bleiben. Perfektionisten ist Demut besonders angeraten, denn sie bringen sich und anderen Leid, indem sie maßlos Perfektion erwarten und ständig auf der Suche nach Fehlern bei anderen sind, die sie aufdecken können. 

Wer wissen möchte, wie man das rechte Maß in seinem Leben findet, ist gut beraten, dieses Buch zu lesen. Hier lernt man dem eigenen Maß und der eigenen Weisheit zu trauen und sich nicht von Dritten abhängig zu machen. 

Empfehlenswert.


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