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Rezension: Die #Psychologie der #Intimität- #Tobias_Ruland- #Klett_Cotta

Autor dieses exzellent geschriebenen, äußerst erhellenden Buches ist der Münchener Paar- und Sexualtherapeut Dr. Tobias Ruland, der in sechs bemerkenswert eloquenten Kapiteln erläutert, was eigentlich Liebe und Sex miteinander zu tun haben. 

Gleich zu Beginn des ersten Kapitels listet Ruland häufig genannte Motive bei der Partnerwahl auf und erläutert in der Folge, weshalb selbst dann, wenn Partner "zueinander passen" dennoch Beziehungsprobleme auftreten können. 

Der Paartherapeut unterscheidet zwischen "kollusiven" und "kollaborativen" Allianzen in Beziehungen und macht deutlich, dass bei "kollusiven" Allianzen es offenbar bedeutsam ist, dem Partner ein bestimmtes Wohlgefühl zu vermitteln, wohingegen bei den "kollaborativen" Allianzen es vielmehr um das gute Funktionieren der Partnerschaft geht. 

Um Beziehungsprobleme zu lösen, müssen nicht selten neue Fähigkeiten erlernt werden. Hauptsächlich geht es dabei um die Differenzierung des Selbst. Erlernt werden muss, den Komfortmodus zu verlassen, in Stresssituationen sich angemessen zu verhalten und auf diese Weise mit anderen Menschen in Kontakt zu bleiben, ohne sich dabei selbst zu verlieren. 

Wer im Sinne einer "kollaborativen" Allianz beziehungsfähig sein möchte, muss sich um persönliche Reifung und Entwicklung bemühen. 

Wie aus heißer Liebe gegenseitige Verachtung wird, zeigt das zweite Kapitel. Folge wiederholter, unverarbeiteter Verletzungen in Beziehungen sind wachsende Gleichgültigkeit, Entfremdung und innere Kündigung. Dazu kommen noch härtere Auseinandersetzungen, gegenseitige Abwertungen, absichtliche Verletzungen, Hass und Verachtung. Wenn Paare sich trotz solcher Verhaltensmuster nicht trennen, entstehen Depressionen, Schlafstörungen, Angst- und Panikstörungen, Alkohol- und Drogenabhängigkeit und es kann sogar zu Mord und Suizid kommen, (vgl.: S. 64). 

Ruland listet eine Reihe von Verletzungen in Partnerschaften auf und macht begreifbar, dass allen Verletzungen der Einsatz bzw. Missbrauch von Hierarchie zu Grunde liegt, dadurch aber ist die Kooperation im Team nicht mehr möglich. Der Therapeut verdeutlicht wie Machtspiele und Verletzungen Beziehungen allmählich zerfressen und was geschieht, wenn pausenlos bewertet, blockiert, abgewertet und nicht aufeinander eingegangen wird. 

Die Taktiken des  sogenannten "apokalyptischen Berserkers" führen zu immer häufigeren Störungen und bedingen einen weiteren Schritt in der Abwärtsspirale von Beziehungen. 

Menschen, deren Differenzierungsfähigkeit gut ausgeprägt ist, können Groll und Ängste besser begrenzen und besitzen dadurch eine günstigere Voraussetzung für ein intimeres Erleben von Beziehungen. Intimität im Sinne des Autors bedeutet, dass ein anderer Mensch die Chance erhält, unsere Gefühle, Gedanken und etwas aus unserem Inneren zu erfahren. Je freier, offener und ehrlicher man sein Inneres zeige, desto größer werde das Gefühl der Intimität. Wer sich verschließt, kann das Gefühl der Selbstoffenbarung und damit einhergehend der Intimität nicht erleben, (vgl.: S.111) 

Der Autor zeigt die Vorteile von geglückter Intimität auf und lässt den Leser auch wissen, weshalb viele Menschen ein Problem mit diesem doch eigentlich wunderbaren Zustand haben. Stets dann, wenn sich zwei Menschen begegnen, haben sie die Macht, Distanz zu schaffen oder aber enger zusammenzurücken. Dabei erfordert die Fähigkeit, diese Situationen so zu bewältigen, dass sie die Intimität in der Partnerschaft fördern und nicht hemmen, sehr viel Aufmerksamkeit und Beharrlichkeit, (vgl. S.139). 

Ausführlich macht Ruland begreifbar, was es bedeutet, sich wirklich füreinander zu entscheiden, dazu gehört auch berechtigte Anliegen des anderen zu verstehen und zu respektieren. 

Der Autor thematisiert das Ziel von kollaborativen Konfrontationen. Dabei geht es darum, auf Probleme innerhalb einer kollaborativen Allianz hinzuweisen, ohne die Beziehung zu schädigen. Auch über narzisstisch, leicht kränkbare Menschen liest man Wissenwertes und versteht nun besser, weshalb es so kompliziert ist, mit diesen Menschen eine kollaborative Allianz zu bilden, die letztlich die Voraussetzung für Intimität darstellt, die sich schlussendlich auch in der Sexualität einer Paarbeziehung spiegelt. 

Im Kapitel 5 wird dann klar, dass sexuelle Harmonie eine Form von seelischer und mentaler Hingabe voraussetzt, die nur durch kollaborative Allianz entstehen kann. Zur Sprache gebracht wird "Geben" und "Nehmen" in intimen Paarbeziehungen und auch, weshalb Sexualität keineswegs immer intim ist. 

Sechs Stufen von Intimität werden aufgezeigt, die sofern man sie gemeinsam erreicht, erfüllende Momente selbst in der sexuellen Begegnung erst möglich machen.

Über das Wachsen intimer Paarbeziehungen wird man schließlich im 6. Kapitel sehr gut aufgeklärt. Hier werden die Puzzlesteine für das Gedeihen im Einzelnen beleuchtet und die notwenigen Kompetenzen und Mittel hierfür genannt.

Die Chance in einer langfristige harmonischeren und damit zufriedenstellenderen Beziehung zu leben, ist Grund genug dieses Buch sehr aufmerksam zu lesen und mannigfachen Gewinn daraus zu ziehen. Darüber hinaus werden alle, die gerne ein gedanklich ausgereiftes Buch studieren, hier intellektuell  sehr befriedigt sein.

Sehr empfehlenswert.

Helga König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie tum Klett-Cotta Verlag und können das Buch bestellen:http://www.klett-cotta.de/buch/Partnerschaft/Die_Psychologie_der_Intimitaet/55805. Sie können es jedoch auch direkt bei Ihrem Buchhändler um die Ecke ordern.

Du denkst nicht mit dem Kopf allein- Vom geheimen Eigenleben unserer Sinne - ‪#‎Thalma_Lobel‬- Campus

Die Verfasserin dieser bemerkenswerten Publikation ist Thalma Lobel, eine promovierte Psychologin und Professorin der Universität Tel Aviv. Sie zeigt in diesem Werk erstmals die Verbindung zwischen externen sensorischen Einflüssen und unserem Handeln auf. Die kommunizierten Untersuchungen dokumentieren das sogenannte "Embodiment", wonach sich Körper und Psyche gegenseitig beeinflussen. 

Das Buch ist ein systematischer Rundgang durch die Wahrnehmungen unserer verschiedenen Sinnesorgane. Es verdeutlicht wie unser Denken und unsere vermeintlich rationalen Entscheidungen durch diese beeinflusst werden und zwar ohne dass wir dies bemerken. Es geht konkret um unbewusste Einflüsse unserer Sinneseindrücke auf unser Fühlen, Denken und Handeln. 

Dabei zeigt Lobel zunächst auf, wie sich die Temperatur auf unsere Stimmung und unsere Entscheidungen auswirkt. Es ist mehr als verblüffend, wie Wärme oder wie man später im Buch dann auch lesen wird, beispielsweise Distanz und Gewicht sowie andere subtile Sinneseindrücke unser Urteil beeinflussen. Die Autorin weist auf unzählige Untersuchungsergebnisse hin, die mehr als nur nachdenklich stimmen. Leider ist es unmöglich, hier im Rahmen der Rezension alle zu nennen.

Wer bei einem Rendezvous oder bei einem Geschäftstreffen ein positives Klima erzeugen möchte, sollte seinem Gegenüber ein warmes Getränk offerieren. Die Ergebnisse sprechen für sich. Die Psychologin zeigt des Weiteren, was Oberflächen und Textur bewirken, so etwa ein kleiner Stein im Schuh oder ein stacheliger Bart. Alles, was mit uns in Berührung kommt, beeinflusst unsere Urteile, Wahrnehmungen und Verhaltensweisen, ohne dass uns dies bewusst wird. 

Unsere Redewendungen und abstrakten Konzepte stehen offenbar in einem direkten Zusammenhang mit unserem körperlichen Erleben. In der Folge wird gezeigt, wie uns Gewichte manipulieren. Interessanter Weise haben Menschen mit Geheimnissen auch körperlich das Gefühl, eine Last mit sich herumzuschleppen. Als essentielle Geheimnisse nennt sie: die sexuelle Orientierung, traumatischen Erlebnisse, Untreue u. Krankheit. Sie ziehen uns wie eine körperlich Bürde nach unten, (vgl.: S. 59). Interessant dies sich  optisch bewusst zu machen.

Ein weiteres Thema ist die Farbe Rot. Hier dokumentiert die Autorin, welche unglaubliche Wirkung die Farbe auf uns hat. Sie kann beispielsweise unsere Leistung und Motivation beeinträchtigen, aber auch völlig anders wirken, so etwa beim Sex oder Sexualverhalten. Durchschnittlich attraktive Frauen erscheinen mittels dieser Farbe attraktiver. Wenn diese Farbe aber zu dick aufgetragen wird, kippt der Eindruck.

Männer sollten sehr vorsichtig mit der Farbe Rot agieren, denn sie könnten zu dominant und aggressiv erscheinen, was auf Ablehnung stößt. 

Man erfährt wie Hell und Dunkel auf uns auswirkt. Dabei sollte man wissen, dass Helles positiver wahrgenommen und Positives heller wahrgenommen wird. Im umgekehrten Fall aber gilt das auch. Offenbar entfesselt die Dunkelheit unsere Schatten, so jedenfalls die Untersuchungsergebnisse. 

Körperlicher Abstand und emotionale Distanz in Bezug auf Entscheidungsfindung werden beleuchtet. Beantwortet wird die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen räumlicher Nähe bzw. Ferne und der abstrakten Vorstellung von emotionaler Distanz gibt. Interessanterweise  kann man selbst dann, wenn ein Esstisch nicht überdimensioniert ist, bei einer formale Sitzordnung und großem Abstand auf mangelnde Intimität der Familie schließen. 

Zur Sprache kommt außerdem der Zusammenhang zwischen Höhe und Macht. Viele Sprachbilder deuten darauf hin und es wird erläutert, wieso man groß und mächtig gleichsetzt. Erstaunlicherweise fühlen sich selbst Erwachsene von großen Menschen eher bedroht als von kleinen und Untersuchungen zeigen, dass selbst heute bei veränderten Geschlechterrollen Männer eine Vorliebe für schwächere Frauen haben, während Frauen starke Männer bevorzugen, (vgl. S.144). 

Es wird ferner auch erörtert, weshalb Menschen, die sich machtlos empfinden, zu größeren Gläsern oder größeren Portionen bei Mahlzeiten neigen und Erfolg bei Verhandlungen von der Sitzhöhe abhängt. Der Zusammenhang zwischen Schuld, Moral und Sauberkeit wird  entschlüsselt.  Dass der Versuch unternommen wird, unmoralische Handlungen wie eine Schmutzschicht abzuwaschen, lässt Putzsucht und Waschzwang noch bedenklicher erscheinen als ohnehin, weil der Handelnde sich tatsächlich auf diese Weise auch vom Gewissen her wieder reiner fühlt. 

Bemerkenswert auch sind die Untersuchungsergebnisse im Hinblick auf Geruch und Geschmack. Dabei wird das Süße mit angenehmen Dingen verbunden. Einige Düfte beeinflussen nicht nur das Verbraucherverhalten, sondern sogar unsere Denkfähigkeit und unser körperliches Leistungsvermögen. Zimtaromen beispielsweise sollen Denkleistung, Konzentrationsfähigkeit und Erinnerungsvermögen steigern, Ähnliches gilt für Pfefferminz. Dass angenehme Düfte die Stimmung beeinflussen, weiß man seit alters her. Erstaunlich aber sind die durchgeführten Experimente. So etwa, welche Düfte zu bestimmten Tätigkeiten anregen.

Im Schlusskapitel verdeutlicht die Autorin nicht zuletzt, wie man mithilfe des Embodiment seine Kreativität vergrößert, wie man Schubladendenken überwinden und ausgetretene Pfade verlassen kann. Die im Buch näher beschriebenen Erkenntnisse zur psychischen Intelligenz lassen den Leser begreifen wie unser Denken und Fühlen funktioniert, doch sie sind auch ein Beitrag zur künstlichen Intelligenz wie Lobel schreibt und begründet. 

Die Experimente im Buch wurden von Wissenschaftlern renommierter Universitäten durchgeführt und von unabhängigen Kollegen überprüft. Mittels der Erkenntnisse aus dieser Publikation kann man stärker auf Umwelteinflüsse wie Farbe, Temperatur und Textur achten. Möglich ist es, aufgrund der Lektüre eine neue Sprache zu sprechen und zwar jene der verkörperten Metaphern. 


Empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Campus-Verlag und können das Buch bestellen:http://www.campus.de/buecher-campus-verlag/leben/du_denkst_nicht_mit_dem_kopf_allein-9650.html. Sie können es aber auch direkt bei ihrem Buchhändler um die Ecke ordern.