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Rezension: Toxische Gefühle- Bernardo Stamateas- dtv premium

Der Autor dieses Buches ist der argentinische Familientherapeut Bernado Stamateas. Im Rahmen von 15 Kapiteln hilft er den Lesern negative Gefühle zu erkennen und  diese sinnvoll einzuordnen. 

Zur Sprache kommen Beklemmungen, Kummer, Unzufriedenheit, Co-Abhängigkeiten, Ärger, Neid, Ängste, Scham, Depressionen, Frust, Trauer, Eifersucht Schuldgefühle, Ablehnung etc. 

Wann werden Gefühle toxisch und was geschieht dann mit uns? Am Beispiel von Kummer wird rasch klar, was gemeint ist: "Wir dürfen nicht zulassen, dass der Kummer uns unsere Kraft und Energie raubt, die wir benötigen, um jeden Tag in Angriff zu nehmen." Man erfährt, wie Kummer unsere Sichtweise verändert, aber auch die Art, wie wir zuhören und sprechen. Man erfährt des Weiteren, weshalb Kummer unsere Zukunft gefährdet und weshalb sich Kummer auf zwischenmenschliche Beziehungen auswirkt. Wissen sollte man, dass je mehr man sich  eines Kummers wegen abschottet, desto mehr negative Gedanken hegt man und aufgrund dieser Gedanken isoliert man sich immer intensiver. 

Kummer zeigt sich auch körperlich, so etwa  durch Rücken- oder Kopfschmerzen. Wie man diesen Kummer überwinden kann, erläutert der Autor sehr gut. In diesem Zusammenhang liest man u.a. , dass jedes Leid eine Lehre enthält und jede Lehre eine Chance birgt, in eine unbekannte und dazu noch nicht selten verblüffende Welt vorzudringen. 

Für alle toxischen Gefühle hält der Autor Techniken und Strategien bereit, sich ihrer zu entledigen. Immer wieder begegnet man im Buch Tests, die es zu beantworten gilt, um unseren toxischen Zustand zu messen. 

Perfektionismus ist ein Thema und hier auch wird hervorgehoben, dass zu hohe Erwartungen an sich selbst keineswegs zu Spitzenleistungen führen. Sehr gut erläutert wird, wie man Perfektionismus überwindet, dass dabei auch an das Selbstverzeihen gedacht wird, hat mir besonders gut gefallen. 

Co-Abhängigkeiten werden erläutert. Ein co- abhängiger Mensch lebt offenbar mit vielen Ängsten  und mit noch mehr Frustrationen. Der Autor zitiert in diesem Zusammenhang den Psychologen Juan A. Bernad: "Eine Form der Selbstverachtung besteht darin, sich bedingungslos dem Urteil anderer zu unterwerfen, ohne sich dabei bewusst zu machen, welchen Preis dafür man zahlt. Häufig führt das zur Negierung und Zerstörung des Selbst, und gegebenenfalls riskiert man so, potentiell zum Opfer von Missbrauch zu werden." Co-Abhängige sind nicht selten Kontrollfreaks, die ihr Umfeld manipulieren, um auf diese Weise alles unter Kontrolle zu behalten. Auch bei Co-Abhängigkeit bestehen Möglichkeiten, sich aus der toxischen Bindung zu lösen, dabei ist Gelassenheit sehr wichtig, aber auch die Erkenntnis, dass es neue Möglichkeiten gibt. 

Je frustrierter jemand ist, desto aggressiver ist er. Menschen mit ausgeprägtem Konkurrenzdenken, Dauerstress und Intoleranz haben eine niedrige Toleranzschwelle, so Stamateas. Um nicht zu explodieren, gilt es Strategien zu entwickeln, gilt es Ärger zu hinterfragen u.a. mehr. 

Wichtig zu wissen: "Wer mit sich selbst im Reinen ist, hat in seinem Geist und seiner Seele keinen Raum für Aggressionen." 

Sehr erhellend auch ist, was man über toxischen Neid lesen kann. Man erfährt mehr über die Ausdrucksweise neidischer Menschen, was besonders aufschlussreich ist und zeigt wie wichtig es ist, nur mit sich selbst, nicht aber mit anderen zu konkurrieren. 

Angst kommt zur Sprache sowie zahlreiche Phobien und schließlich dann auch Scham, die im Ranking der toxischen Gefühle beim Autor eine Top-Position einnimmt. Dabei wird Scham als der schmerzliche und falsche Glaube an unsere Defizite definiert. Toxisch ist Scham, wenn sie lähmt und isoliert. 

Warum es wichtig ist, über die eigenen Fehler zu lachen und die innere Stimme zum Schweigen zu bringen,   wird im Zusammenhang mit der Schambetrachtungen gut erläutert, wie überhaupt dieses Buch viel Zielführendes bietet, um sich toxischer Wirkungen von Gefühlen bewusst zu werden diese zu verabschieden.. 

Ablehnung bewirkt bei Menschen, die coabhängig sind viel Schmerz. Erkannt werden muss hier, dass man sich nicht abhängig machen darf von der Anerkennung und Wertschätzung Dritter und es Wege gibt,  Ablehnung aufzulösen und sich damit zu befreien. 

Generell gilt "Alles, was wir respektieren, wird auf uns zukommen und alles, was wir nicht respektieren, wird sich von uns entfernen." Des Weiteren gilt "Menschen, die innerlich frei sind, ziehen Chancen an"

Frei ist man nicht zuletzt dann, wenn man frei von toxischen Gefühlen ist. Dieses Zustand herbeizuführen, macht das Buch möglich,  sofern man es ernsthaft in die Tat umsetzt. 

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Die Errettung des Schönen- Byung-Chul Han- S. Fischer

Prof. Dr. Byung-Chul Han lehrt Kulturwissenschaft an der Universität der Künste in Berlin. "Die Errettung des Schönen" ist das zweite Buch von ihm, das ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" rezensiere. Das ebenfalls im S. Fischer Verlag erschienene Werk "Psychopolitik. Neoliberalismus und die neuen Machtechniken" fand ich so erhellend, dass ich voller Neugierde mich mit Byung-Chul Hans neuem Werk befasst habe. 

Wer sich in der Literatur etwas auskennt, weiß, dass man sich in allen Epochen über den Begriff der "Schönheit" Gedanken gemacht hat. Umberto Eco hat diese Überlegungen in seinem wunderbaren Buch "Die Geschichte der Schönheit", das im Jahre 2004 bei Hanser erschienen ist, zusammengetragen. 

Nun, 11 Jahre später,   befindet sich Schönheit angeblich in einer paradoxen Situation, so jedenfalls die Analyse Byung-Chul Hans. Ursache hierfür ist offenbar die Tatsache, dass sie sich der Immanenz des Konsums ausliefert und sich auf diese Weise ihrer Transzendenz beraubt. 

Der Autor verdeutlicht zunächst, dass das Glatte die Signatur der Gegenwart sei und reflektiert das Verbindende bei den Skulpturen von Jeff Koons, dem iPhone und Brazilian Waxing. Wie der Autor schreibt, sei ein Merkmal des Glatten, dass es nicht verletze, sein Gegen ausmerze und jede Negativität beseitige. Dabei seien Anschmiegsamkeit und Widerstandslosigkeit die Wesenszüge der Ästhetik des Glatten. 

Im Internet diene die Eliminierung des Negativen der Beschleunigung der Kommunikation. 

Han nennt den Künstler Jeff Koons den Meister der glatten Oberfläche, weil es bei ihm keine Desaster, keine Verletzung, keine Brüche, keine Risse und auch keine Nähte gäbe. Seine Kunst bedürfe keines Urteils und sei jedes Tiefsinns entleert. Eine schonungslose Wertung, die den Künstler gewiss nicht erfreuen wird.

Byung -Chul Han hat Probleme damit, Kunst als solche zu akzeptieren, der es an Negativität fehlt, denn er glaubt, ein ästhetisches Urteil setze kontemplative Distanz voraus, die durch das Glatte abgeschafft werde. Ohne Distanz sei keine Mystik möglich und es sei die Entmystifizierung, die alles genieß- und konsumierbar mache. 

Nach Auffassung des Autors gibt es keine Innerlichkeit, die sich hinter der glatten Oberfläche verbirgt. Im Hier und Jetzt erschöpfe sich das Schöne im "Gefällt-mir" im  "Wow". Auch das Hässliche werde geglättet und werde insofern ebenfalls konsumierbar. Das Glatte lasse keinen Gegenkörper zu. Auch in der Kommunikation werde geglättet, um die Kreisläufe von Kommunikation. Information und Kapital zu beschleunigen. 

Han schreibt vom Schönen und Erhabenen und erklärt, dass das Erhabene kein unmittelbares Wohlgefallen hervorbringe. 

Im Gegensatz zum Naturschönen werde im Digitalschönen die Negativität des anderen gänzlich aufgehoben. Die menschlich vernetzte Welt führe zu einer permanenten Selbstbespiegelung und dieser autoerotische Sehraum, der digitalen Innerlichkeit hervorrufe, lasse kein Staunen zu. 

Diesbezüglich habe ich allerdings Zweifel und mache tagtäglich andere Erfahrungen, speziell in den Kunstgruppen von Facebook oder bei den Kunstpräsentationen auf Pinterest. Gerade im Bereich der Fotografie, ich denke nicht nur an die Bilder von National Geographic ist Staunen immer wieder möglich und das Schöne ist selbst dort keineswegs völlig enthüllbar, wie sich jeder auf Facebook überzeugen kann. Wie immer gibt es selbst dort ein "Sowohl- als-auch" und nicht nur ein "Entweder- oder".

Was ist daran so verwerflich, wenn die Positivgesellschaft die Negativität der Verletzung abbaut? 

Es ist völlig aberwitzig zu glauben, dass nur durch Verletzung und Schmerz Wahrheit möglich sei und sich ansonsten das Gewohnte fortsetze. Verletzung lähmt, macht depressiv und lässt nicht Wahrheit entstehen, sondern Kummer und Farblosigkeit oder Aggression, die sich auf sich selbst oder andere richtet. 

Dem Gedankengang Byung-Chul Hans, seiner  Ode auf dem Schmerz als Geburtshelfer des Schönen kann ich nicht folgen. 

Facebook als einen Markt der Charakterlosigkeit zu diffamieren, finde ich ziemlich vermessen. Was ich dort erlebe, ist eher das Gegenteil dessen, was der Autor erklärt. Kultiviert werden Fähigkeiten wie Akzeptanz und Respekt, Achtsamkeit wird geschult und das Können anderen positiv zur Kenntnis genommen.  Wer glaubt,  hier werde nur um Likes gebuhlt, hat das System nur oberflächlich durchleuchtet.

Allein im Bereich der Natur- und Landschaftsfotografie gibt es dort Wunderbares zu betrachten und zu bestaunen. Manche Hobbyfotografen haben erst dort durch das Feedback den Mut gewonnen, ihre Begabung wirklich auszuleben.

Dem anderen seine Achtung durch ein Like oder einen kleinen Kommentar zum Ausdruck zu bringen, ist kein Zeichen von Charakterlosigkeit, sondern von der Fähigkeit das Können anderer neben eigenen Fähigkeiten gelten lassen zu können,  ein Verhalten, das eine Neidgesellschaft erst einmal lernen muss. 

Ich empfehle allen das Buch zu lesen und sich selbst einen Eindruck zu verschaffen, um  sich mit anderen über den Inhalt auszutauschen, denn dieser ist sehr komplex und wirft viele Fragen auf.

Dem Schönen Raum geben, heißt nicht, es dadurch zu kommerzialisieren und ihm sein Geheimnis zu entreißen, sondern nur, es vielen zugänglich zu machen. 

Rezension:"Geschichte der Schönheit" Umberto Eco- Hanser

Umberto Ecos Buch über die "Geschichte der Schönheit" ist ein trostspendender Begleiter durch düstere Spätherbst- und Wintertage, nicht zuletzt, weil Schönheit, wie man seit dem Mittelalter weiß, auch etwas mit Farben und Helligkeit und damit einhergehender Leuchtkraft zu tun hat. 

Der Autor befasst sich mit dem Begriff "Schönheit" innerhalb der bildenden Künste, der Malerei, der Architektur sowie des Industriedesigns und vieler, vieler anderer Bereiche. Dabei lässt er kluge Geister der Antike, der Renaissance, der Aufklärung und anderer Epochen zu Wort kommen. Philosophen, Schriftsteller, Dichter und Troubadoure beschreiben und besingen das Schöne, doch keiner bringt es so sehr auf den Punkt wie Salomo (10.Jh.v.Chr.) in seinem "Hohelied"! Ganz wunderbar! 

Was meinten die Vorsokratiker zu diesem Thema und was der Philosoph Platon? Zu welchen Denkergebnissen gelangten in der Folge die nüchternen Römer? Eco sagt es den Lesern. 

Das Buch ist reich bebildert und ein Fest für die Augen! So kann man die schöne "Lucrezia Panciatichi" und das vollendet schöne Anlitz Albrecht Dürers (Selbstbildnis mit Pelzrock) bewundern, aber auch abstrakte Formen des Schönen bestaunen. Man wird mit dem "Goldenen Schnitt" wie auch dem harmonischen Quadrat vertraut gemacht und erhält eine Idee von der Schönheit der Zahlen. Auf Zahlen lässt sich mithin alles zurückführen und sie bilden die Grundvoraussetzung so genannter Sphärenmusik. 

Was ist schön? 

Kann man Schönheit überhaupt definieren oder ist sie am Ende subjektiv, wie David Hume konstatiert? All die Paläste, die wohlgestalteten Bauten, formvollendeten Skulpturen, auch das Industriedesign sind nicht zuletzt Ergebnisse des Strebens nach dem Schönen in irgendeiner Form. Während die Romantiker glaubten, dass aus dem Schönen das Wahre hervorgehe, stellte Hegel hochinteressante Reflexionen zur schönen Seele an und Kant meinte, dass schön sei, was ohne Interesse gefällt! Alle bestaunten, rätselten und definierten. Dies hat sich auch in der Mediengesellschaft nicht geändert. Im Grunde personifizieren der junge Marlon Brando und der nicht mehr ganz so junge George Clooney, wie auch die göttliche Greta Garbo gedankliche Schönheitsmodelle. Sie sind sozusagen eine überzeugende Antwort auf die immerwährende Frage: Was ist schön? 

Eine himmlische Lektüre, die man überhaupt nicht mehr aus der Hand legen möchte! Die Farben im Stundenbuch des Duc de Berry, auch die Glasfenster der Kathedrale von Chatres und die Bilder aus dem Codex Manesse, welch eine Augenweide! Wenn schön das ist, was Auge, Herz und Verstand gleichzeitig erfreut, kann Ecos "Geschichte der Schönheit" wohl als wirklich gelungener Beitrag zu diesem Thema bezeichnet werden. 

Sehr empfehlenswert.

Helga König

Überall im Handel erhältlich